Die neue EU-Kommission wird in den kommenden Wochen ihr Arbeitsprogramm für die bis 2029 laufende Legislaturperiode vorlegen. Die Umsetzung des bereits beschlossenen Verbrenner-Aus‘ bis 2035 soll dabei bestehen bleiben – so haben es alle industrie- und wirtschaftspolitisch beauftragten Kommissar:innen bei den parlamentarischen Anhörungen zugesagt. Die EVP-Fraktion will die Gesetzgebung wieder öffnen, und so zusätzliche Unsicherheit in den Markt bringen.
Tiemo Wölken, umweltpolitischer Sprecher der S&D-Fraktion:
„In Brüssel mit vermeintlichen Rettungsplänen für die Autoindustrie prahlen, aber in Berlin wegweisende Entscheidungen für die Förderung der Industrie blockieren. Das nennt man Scheinheiligkeit à la Merz-Union. Eine Abkehr vom Verbrenner-Aus ist ihre einzige Idee zur Krisenbewältigung. Das ist ein Zurück in die Vergangenheit, während die globale Konkurrenz den Massenmarkt für die E-Mobilität zu übernehmen droht.
Mit Nebelkerzen wie E-Fuels und Biokraftstoffen kann die EVP nicht davon ablenken, dass ihnen die langfristige Vision für den Sektor abhandengekommen ist. Den Rechtsrahmen jetzt wieder einzureißen, würde den Autobauern die Planungssicherheit nehmen. Das hilft aber weder der Wettbewerbsfähigkeit des Sektors, noch bringt es uns klimapolitisch weiter – es ist simpler Populismus auf dem Rücken der Beschäftigten. Europa hat sich der Umsetzung der Pariser Klimaziele verpflichtet. In der Union hingegen scheinen einige bereits von einer Klimaignoranz nach Trump’schem Rezept zu träumen. Wir dürfen jedoch nicht die Augen vor unserer Verantwortung verschließen und auf keinen Fall die Arbeitnehmer:innen langfristig im Regen stehen lassen.
Statt den Kopf in den Sand zu stecken, sollte die EU-Kommission in der akuten Krise einen pragmatischen Weg für die Streckung oder das zeitweise Aussetzen der vorgesehenen Sanktionen vorschlagen.“
Matthias Ecke, Mitglied im Industrieausschuss:
„Die SPD steht an der Seite der Beschäftigten in der Autoindustrie. Statt wie VW im aktuellen Tarifkonflikt mit Entlassungen und Werksschließungen zu drohen, müssen sich die Autobauer ihrer Verantwortung stellen. Dies ist die Voraussetzung für politische Unterstützung.
Die Retro-Politik der Union löst kein Problem der Autoindustrie. Der Weltmarkt bewegt sich längst in Richtung Elektromobilität – eine Entwicklung, die auch europäische Hersteller längst erkannt haben. Es macht keinen Sinn in Europa ein Reservat für den Verbrenner auszurufen, während wir von der globalen Konkurrenz bei der echten Zukunftstechnologie abgehängt werden.
Die Hersteller stehen in der Pflicht, den Absatz ihrer CO2-neutralen Autos durch erschwingliche Modelle und eine kluge Preispolitik zu steigern. Europaweit sollte Politik diesen Wandel mit verkaufsfördernden Maßnahmen unterstützen: etwa durch Leasing- oder Prämien-Modelle für Käufer:innen mit kleinem und mittlerem Einkommen, durchdachte Regeln für Dienstwagen oder günstigere Ladestrompreise.
Kanzler Scholz hat zurecht vorgeschlagen, die Übertragungsnetzentgelte kurzfristig zu senken – ein wichtiger Schritt für günstigere E-Mobilität, den die Union blockiert. Diese Haltung macht ihre Glaubwürdigkeit im Einsatz für die Branche zunichte.“
Vivien Costanzo, verkehrspolitische Sprecherin der Europa-SPD:
„Die Entwicklung weltweit ist deutlich: E-Mobilität ist die Zukunft. Das EU-Parlament hat hart für eine dichte Ladeinfrastruktur in Europa gekämpft – unter anderem ist das Ziel, dass europaweit alle 60 Kilometer Ladestationen für Pkw zur Verfügung stehen. Die aktuelle Debatte der Konservativen, die diese Ziele in Frage stellt, schafft nur noch mehr Unsicherheiten, sowohl bei der Industrie als auch bei den Menschen. Es müssen so viele Anreize wie möglich geschaffen werden.
Hersteller und Politik sind jetzt gleichermaßen in der Verantwortung, zusammen in eine Richtung zu laufen, Infrastruktur bereitzustellen, aber auch die Absätze bei E-Autos zu vergrößern. Jetzt ist Zeit für weitere Schritte nach vorne, nicht zurück.“