Das Europäische Parlament, die Kommission und der Rat der Europäischen Union haben sich in der Nacht in Straßburg auf eine gemeinsame Position zum EU-Lieferkettengesetz verständigt.
Damit gilt das EU-Lieferkettengesetz als politisch beschlossen. Die Richtlinie soll Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden dazu verpflichten, ihre Lieferketten auf mögliche Verstöße von Menschenrechten und internationalen Umweltstandards zu überprüfen und dagegen vorzugehen.
Tiemo Wölken, rechtspolitischer Sprecher der Europa-SPD und Berichterstatter des Umweltausschusses zum EU-Lieferkettengesetz:
„Diese Einigung ist ein großer Schritt für den Schutz von Menschenrechten, Umwelt und Klima weltweit. Die EU sendet ein unmissverständliches Signal: Wer hier wirtschaften möchte, muss künftig darauf achten, dass Menschenrechte und Umweltschutz entlang der weltweiten Wertschöpfungskette respektiert werden.
Ich freue mich besonders, dass sich meine Forderung durchgesetzt hat, Großunternehmen künftig dazu zu verpflichten, ihre Wertschöpfungsketten bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Das ist ein riesiger Erfolg. Klimaschutz made in Europe wird so zum Exportschlager, denn Unternehmen weltweit werden jetzt in die Verantwortung genommen, ihren Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel zu leisten.
Positiv ist die starke Rolle, die Gewerkschaften und Zivilgesellschaft künftig bei der Umsetzung der Sorgfaltspflichten spielen werden. Unternehmen müssen künftig ihre Warnungen gegen Menschenrechtsverstöße oder Umweltschäden ernst nehmen und dagegen vorgehen. Hier hat sich das Parlament auf ganzer Linie durchgesetzt.
Gleichzeitig sorgen wir mit einem risikobasierten Ansatz dafür, dass Unternehmen bei der Umsetzung nicht überfordert werden, kleine und mittelgroße Unternehmen sind von der Richtlinie ausgenommen. Die Richtlinie enthält Verpflichtungen mit Maß und Mitte, von Überforderung von Unternehmen kann keine Rede sein. Bedauerlich ist dagegen, dass sich der Rat mit seiner schwachen Regelung zur zivilrechtlichen Haftung durchsetzen konnte, hier hätte es mehr Verbindlichkeit gebraucht.“
René Repasi, Berichterstatter für die Stellungnahme des Wirtschaftsausschusses zum EU-Lieferkettengesetz:
„Die Finanzlobby hat sich gemeinsam mit der liberalen französischen Regierung durchgesetzt. Der Gesetzgeber stellt dem Finanzsektor einen Freibrief aus. Wir haben die Chance verpasst, einer Branche die im EU-Binnenmarkt große Gewinne einstreicht und aufgrund ihres Einflusses auf die Realwirtschaft eine tragende Rolle bei der Achtung von Menschenrechten und Umwelt hat, wirksam in das EU-Lieferkettengesetz einzubinden.
Die Mitgliedsstaaten sind der Erzählung der Lobby auf den Leim gegangen, dass sie bereits von anderen Gesetzen abgedeckt sei. Dabei besteht ein erheblicher Unterschied zwischen einfachen Berichtspflichten und einer tatsächlichen Handlungspflicht.
Die politische Absichtserklärung, ein sektorspezifisches Gesetz für die Finanzbranche vorzuschlagen, ist ein schwacher Trost. Die Europawahlen werden zeigen, wieviel Absicht noch übrig bleibt, oder ob das Gesetz den Bürokratie-Mythen der Konservativen zum Opfer fällt.“
Das Plenum des Europäischen Parlaments wird in den kommenden Monaten final über die Richtlinie abstimmen.