Die EU-Kommission nimmt am heutigen Donnerstag, den 24. November 2022, im Europäischen Parlament zur Überarbeitung der sogenannten Medizinprodukteverordnung 2017/745 (MDR) Stellung.
René Repasi, baden-württembergischer SPD-Abgeordneter im Europäischen Parlament:
„Es ist ersichtlich, dass der Status Quo unbedingt optimiert werden muss. Die Kommission muss Wege finden, um insbesondere die langwierigen Zulassungsverfahren für Medizinprodukte zu erleichtern. Dass eine Konformitätsprüfung oftmals nicht möglich ist oder bis zu 18 Monate in Anspruch nimmt, ist schlicht nicht hinnehmbar. Das sorgt für eine schlechtere Versorgungssituation und schadet der Branche im Land!
Schließlich war die grundlegende europäische Reform der Zulassung medizintechnischer Erzeugnisse aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher richtig, das gilt auch noch heute. Ein hoher Schutz für Patientinnen und Patienten ist weiterhin wünschenswert. Dennoch müssen die Prüfverfahren für Medizinprodukte auch leistbar sein. Den Menschen in Baden-Württemberg ist nicht geholfen, wenn sich die Versorgungssituation trotz höherer Standards verschlechtert. Letztlich muss das Ziel der Kommission sein, die Situation der Menschen zu verbessern. Wenn Zertifizierungen stark rückläufig sind, steht diese Annahme zur Disposition.
Gerade regulatorischen Anforderungen sorgen in der Praxis für Unmut. Die vielen kleinen und mittleren Unternehmen im Land können diese aufgrund geringer Personalkapazitäten und Finanzierungsmöglichkeiten nicht im Rahmen der begrenzten Übergangsfrist ermöglichen. Infolgedessen ist eine Verkleinerung der Produktvielfalt denkbar, besonders bei Nischen- und Spezialprodukten für Kinder oder Betroffene seltener Krankheiten.
Gleichzeitig hat die mittelständisch geprägte Branche als Wachstumstreiber, der relativ unabhängig konjunktureller Schwankungen ist, für den Standort Baden-Württemberg gerade in Krisenzeiten eine zunehmende Bedeutung. Diese 2.175 Unternehmen erwirtschafteten laut Statistischem Landesamt schon im Jahr 2019 rund 7,6 Mrd. Euro. Fehlende behördliche Infrastruktur sowie gestiegene Kosten und internationaler Wettbewerb tragen zusätzlich zu erschwerten Bedingungen bei. Dabei ist eine gut aufgestellte Medizintechnikbranche ebenso für eine umfassende Versorgung mit sicheren Produkten unbedingt notwendig.
Ich appelliere an die Kommission, die heute in Straßburg angekündigten Gesetzesänderungen schnellstmöglich vorzunehmen – ganz im Sinne der baden-württembergischen Patientinnen und Patienten, der Beschäftigten und der Unternehmen. Eine entsprechende letztmalige Verlängerung der Übergangsfrist erscheint mir sinnvoll, um auf die kurzfristigen Herausforderungen bei der Versorgung mit Nischenprodukten zu reagieren.
Gleichzeitig steht auch die Landesregierung in der Pflicht: Bei der Begegnung der Kostenproblematik reicht der Blick zum Bund nicht aus. Sie muss ihr Möglichstes dafür tun, die neuen Bedingungen zu ermöglichen. Bei den Regierungspräsidien angesiedelte Schnellverfahren nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens können eine weitere Option sein, um beispielsweise den behördlichen Bearbeitungsstau zu überwinden.“