EU-Kommission macht Vorschläge zur Stärkung des Kapitalmarktes
Die EU-Kommission hat heute ihre Vorschläge zur Stärkung des europäischen Kapitalmarktes vorgelegt. Mit der Neuauflage der europäischen Regulierung der Markt-Infrastruktur (EMIR) soll es strengere Regeln für Finanzinstitute geben, die am Derivatemarkt teilnehmen. Die neuen Vereinbarungen sollen den Handel mit Derivaten sicherer und transparenter gestalten. Unternehmen sollen zudem dazu verpflichtet werden, zumindest einen Teil ihrer Derivategschäfte bei Clearinghäusern in der EU abzuwickeln.
René Repasi, stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung:
„Die EU braucht bessere Regeln, um den Kapitalmarkt sicherer zu gestalten. Fast ein Jahrzehnt nach dem Inkrafttreten der europäischen Regulierung zur Markt-Infrastruktur erschüttern noch immer Skandale wie Credit Suisse die Finanzwelt. Die unzureichende Absicherung gegen den Kollaps eines Hedgefonds kostete nicht nur knapp vier Milliarden Euro, sondern auch Arbeitsplätze und Vertrauen in den Finanzsektor. Mit dem Brexit hat sich zudem das Clearing von Derivategschäften in einen Drittstaat verlagert. Es ist daher wichtig, Unternehmen dazu zu verpflichten, Derivate, die in Euro gehandelt werden, bei einer Clearingstelle in der EU abzuwickeln. Nur so behält die EU die Kontrolle über diese Geschäfte, die ein großes Risiko für die europäische Finanzmarktstabilität darstellen. Es ist nun zu prüfen, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichend sind, um das Euro-Clearing aus London heraus zurück in die EU zu verlagern. Hier muss notwendigenfalls nachgeschärft werden.“
Die Vorschläge der Kommission sollen helfen, den Kapitalmarkt transparenter und somit sicherer zu gestalten. Es wird angestrebt mitgliedstaatliche Regelungen zur Berichterstattung weiter zu harmonisieren und den Zugang zu relevanten Daten für die zuständigen Behörden zu erleichtern. Kernpunkt der Reform ist die Verpflichtung für Unternehmen, Derivate, die in Euro gehandelt werden, bei Clearingstellen in der EU abzuwickeln. Bislang ist der Finanzplatz London das Zentrum für das Euro-Clearing und damit außerhalb des Zugriffs der europäischen Finanzmarktaufsichtsbehörden. Da Euro-Clearing ein enormes Risiko für die Finanzmarktstabilität des Euroraums darstellt, musste mit dem Brexit die Frage beantwortet werden, wie das Euro-Clearing wieder in die Aufsichtshoheit der EU zurückkehrt. Mit dem EMIR-Vorschlag hat die Kommission nun ihre Ideen vorgelegt.
Mit der EMIR-Verordnung, die 2009 beschlossen wurde, sind Clearingstellen zur zentralen Nahtstelle für die Kontrolle von Finanzmarktprodukten geworden. Jede Derivatetransaktion muss seitdem durch eine Clearingstelle, die zwischen Käufer und Verkäufer tritt, abgewickelt werden. Clearingstellen übernehmen das Ausfallrisiko und konzentrieren die Marktliquidität. Dadurch wird das Ausfallrisiko minimiert. Marktführer für das Derivateclearing ist LCH in London sowie weitere Clearingstellen, die ebenfalls im Vereinigten Königreich niedergelassen sind. Mit EMIR sollte besonders für kleinere Marktteilnehmer*innen regulatorische Erleichterungen und mehr Transparenz bringen. Ein kleineres Update, um das Risiko des Derivate-Handels zu vermindern gab es im Juni 2019 mit EMIR Refit.Unverhältnismäßige Kosten und Belastungen sollen reduziert und der europäische Kapitalmarkt gestärkt werden.
Derivate sind durch ihre Komplexität und Intransparenz sehr risikoreiche Finanzprodukte, deren Preisentwicklung sich von einem Basiswert ableitet. Dieser Basiswert wiederum kann sich aus Waren oder anderen Finanzinstrumenten, also beispielsweise Indizes, Anleihen oder auch Aktien ableiten. Das beschreibt den fundamentalen Unterschied zum Investieren in andere Wertpapiere: Es wird nicht direkt in beispielsweise Aktien investiert, sondern eine Wette über den Kursverlauf abgeschlossen. Beispiele für Derivate sind unter anderem Swaps, Futures, Optionen oder Aktienanleihen.